Finanzexperte Interview: Max Herbst von FMH-Finanzberatung

Max Herbst im Gespräch mit ZINSPILOT über gute Renditen, Strafzinsen und die Zinsentwicklung in den kommenden Jahren.

Max Herbst gilt als Erfinder der Zinsvergleiche in Deutschland und ist in der Medienlandschaft als gefragter Zinsexperte bekannt. Die Baufinanzierung ist sein persönliches Steckenpferd, aber auch Girokonten und konservative Geldanlagen gehören zum Fachgebiet seines Unternehmens FMH-Finanzberatung.  

ZINSPILOT: Die Zinsen sind hierzulande seit Jahren auf Talfahrt. Deshalb resignieren deutsche Sparer zunehmend bei der Geldanlage. Was meinen Sie: Kann man auch in Zukunft mit Tages- und Festgeld noch eine gute Rendite erzielen? 

Max Herbst: Um diese Frage zu beantworten, müsste man zunächst definieren, was eine gute Rendite ist. Wenn ich mein Geld in Aktien oder ETF-Fonds anlege und entsprechend mit sechs bis 15 Prozent Rendite kalkuliere, dann sind Zinsen oder Renditen von 0,5 bis 1,5 Prozent im Vergleich lächerlich. Allerdings ist Deutschland nicht gerade das Land der Aktienanleger, hier ist man sehr vorsichtig bei der Geldanlage. Zwar sagen einige Volkswirte wieder geringe Wirtschaftssteigerungen voraus, was erst einmal auch steigende Aktienkurse bedeutet. Auf der anderen Seite sieht man aber auch, wie schnell in den USA die Leitzinsen angehoben wurden und das Wirtschaftswachstum so künstlich gebremst wurde. Vor diesem nicht kalkulierbaren Auf und Ab haben viele Sparer und Anleger in Deutschland Angst. Die größte Angst beim Aktiensparen ist sicher, dass man den Kurswechsel verpasst und am Ende sogar mit einer Minusrendite da steht. Deshalb begnügen sich viele sogar mit Minizinsen im Tagesgeld oder Festgeld. Lieber wenig statt Minus. Sie haben sich damit abgefunden und sparen umso mehr, um für schlechte Zeiten vorzusorgen. 

ZINSPILOT: Immer mehr große Banken in Deutschland sprechen sich für die Einführung von Strafzinsen aus. Somit werden zukünftig sowohl Firmen- als auch Privatkunden Negativzinsen auf ihre Geldeinlagen zahlen. Gehören Strafzinsen für deutsche Sparer bald zum Alltag?

Max Herbst: Nun, daran wären die Sparer selbst nicht unschuldig. Immerhin haben die Banken in den letzten Monaten gelernt, dass sich ihre Kunden nicht von Mini- oder gar Minuszinsen abschrecken lassen. Deshalb nutzen sie dieses Wissen vor allem bei Neukunden oder zusätzlich angelegtem Geld, um Minuszinsen sukzessive einzuführen. Praktisch ist, dass die „böse EZB“ als Buhmann herhalten kann, immerhin verlangt diese ja auch Strafzinsen von den Banken. Also bleibt den Banken im Kundenverständnis gar nichts anderes übrig, als die Minuszinsen an den Kunden weiterzugeben. Für Kunden, die sich das nicht gefallen lassen, hat jede Bank noch ein paar andere Alternativen in petto: Robo-Advisor, ETF-Anlagen, natürlich auch aktiv gemanagte Fonds - auch der Zertifikate-Verkauf läuft bei einigen Banken wieder blendend. So kann man die Minizinsen auch nutzen, um Provisionsgeschäfte mit den Kundengeldern zu erzielen. 

ZINSPILOT: Die Zinsentwicklung wird vor allem vom Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) beeinflusst. Wie beurteilen Sie die Zinsentwicklung der EZB in den nächsten Jahren? Wie sieht Ihre Zinsprognose für den kurz- bis mittelfristigen Ausblick (1-3 Jahre) und für den längerfristigen Ausblick (10 Jahre) aus?

Max Herbst: Ich gehe nicht davon aus, dass die EZB in den nächsten zwei Jahren Zinserhöhungen anstrebt, man hat sich auf diesem Zinsniveau schon sehr gut eingerichtet: Die Unternehmen finden es gut, die Aktienanleger finden es gut - und die hoch verschuldeten Staaten fordern es sogar. Warum also sollte die EZB etwas ändern, wenn es doch allen damit ganz gut geht. Von wirtschaftlicher Überhitzung sind wir sehr weit weg und auch die tatsächliche Inflationsrate muss eher aufgepäppelt werden, statt dass sie gebremst werden müsste. Daher sehe ich in den nächsten Jahren keine großen EZB-Zinsänderungen. Jeder Versuch, über diesen zeitlichen Rahmen hinaus zu spekulieren, wäre reinste Fantasie.

Die globalisierte und auch immer digitaler werdende Welt ist so vielen Einflüssen unterlegen, dass man immer weniger vorausahnen kann, welche wirtschaftlichen Entwicklungen geschehen und welche Entscheidungen getroffen werden. Deshalb würde ich für einen Zeitraum von 10 Jahren keine Aussage treffen. 

ZINSPILOT: Zum Schluss des Interviews noch ein Fazit: Welchen Rat geben Sie deutschen Sparern im Hinblick auf die Zinsentwicklung mit?

Max Herbst: Meine Prognose: Die Zinsen werden in den nächsten Jahren auf dem aktuellen Niveau verharren. Sollten sich die Tages- und Festgeldzinsen um 0,25 Prozentpunkte nach oben bewegen, wäre das schon viel. Vorerst ist eine solche Zinsbewegung nicht zu erwarten.

Wer sein Geld in Zinsanlagen stecken will, sollte deshalb auch den Mut haben, mal über den deutschen Markt hinaus zu schauen. Es gibt genügend seriöse Festgeldangebote von Vermittlern, die im Vergleich zu den deutschen Zinsangeboten wirklich gut verzinst sind: Der Durchschnittszins der Sparkassen und Volksbanken (515 Instituten haben noch Festgeldangebote) liegt für ein 2 Jahres-Festgeld bei 0,034%.

Da gibt es in jedem Fall bessere Alternativen im Ausland. Wer darauf vertraut, dass die EU auch noch in 5 Jahren existieren wird, kann auch getrost Festgeldanlagen für maximal 3 Jahre in etwas schlechter gerankten Ländern anlegen - in der Überzeugung, dass die EU-Gemeinschaft im Falle einer Bankenpleite anderen Staaten aushelfen wird.  

 

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